Seenotrettung ist kein Verbrechen!

Seenotrettung ist kein Verbrechen!

Episode description

Sie ist ein wenig untergegangen, die Aktion des Millerntors, des FC St. Pauli und seiner Supporter für Seenotrettung; überschattet vom Polizeieinsatz im Gästeblock.

Ein Grund für mich, dieses Thema in einen Podcast-Zwischenruf zu packen; auch weil das Thema mich als Segler und Nachfahren von Fischern persönlich berührt.

Links zu Themen im Podcast:

* Aktion “sicherer Hafen”, die einen Restart gebrauchen könnte: https://www.stpaulinu.de/seenotrettung-macht-hamburg-zum-sicheren-hafen/

Auswahl an Organisationen, die eure Spende benötigen:

* Sea Watch - https://sea-watch.org/spenden/

* Mission Lifeline - https://mission-lifeline.de/spenden/

* Ärzte ohne Grenzen - https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/online-spenden

Jetzt auf See und dann kein Schiff

Meine eigenen Erfahrungen zum Thema Seenot sind vergleichsweise lütt und nicht mit dem Horror zu vergleichen, den migrierende Menschen auf dem Mittelmeer erleben. Mein eigenes Erleben sensibilisiert mich jedoch - und deswegen will ich dir davon erzählen:

Ich erinnere mich noch sehr gut an den ersten Seenot-Moment in meinem Leben: wir segeln zu dritt auf der Nordadria als von Lee eine schwarze Wand aufzieht. Das Grosssegel bekommen wir gerade noch runter, die Fock, ohnehin schon eine kleine Solent Jib, reißt als 12 Windstärken in unser Rigg knallen. Wir sind urplötzlich nur noch einen kleinen weiteren Riss von einer Seenot  entfernt, mitten auf der kochenden Adria mit einem kaputten Vorsegel und einem kaum laufenden Diesel.

Als ich die Funke anschmeisse, höre ich auf Kanal 16 lauter Mayday-Rufe; nur deswegen setze ich selbst keinen ab. Das verzweifelte Rufen eines Jungen auf einer schwedischen Yacht klingt mir heute noch in den Ohren. Nach alter Tradition nehmen wir unsere persönlichen Papiere an uns, damit wir später identifiziert werden können, falls wir das Schiff verlieren und kämpfen uns 12 Stunden durch den nicht nachlassenden Sturm.

Ich kann meiner inneren Tankanzeige zusehen, wie mein Körper in der nassen und zehrenden Umgebung an Kraft verliert. Viel länger hätten wir nicht durchgehalten, als wir in Mali Losin Schutz in einer Bucht finden.

Die raue, aufgewühlte See lässt im gesündesten Selbstvertrauen einen kalten Horror entstehen, den sich Landratten einfach nicht vorstellen können.

Dabei lag zwischen uns und dem Untergang noch eine seegängige Jacht, und eine Seenotrettungsorganisation, die uns ohne zu zögern einen Hubschrauber aus Pula geschickt hätte; ich kann also nur schwach erahnen, was es heißt, entkräftet, durstig und am ganzen Wesen klamm an einem Stück Plastik treibend, sich dieser Hoffnung fressenden Kraft gegenüber zu sehen.

Meine Vorfahren waren Fischer aus einem kleinen Dorf an der Elbe; in früheren Zeiten war es normal, Verwandte und ganze Männergenerationen an die Nordsee zu verlieren. Vielleicht entstammt dieser Erfahrung mein tiefer Respekt gegenüber Seenotretter_innen und dem Kodex, der auf See alle Menschen gleich macht. Denn das sind wir alle, die wir auf den Meeren fahren – im Angesicht der grauen, Lebenskraft saugenden See. - via Blogfrei Blog

Seenotrettung ist kein Verbrechen sondern menschliche Pflicht; jahrtausendealt.



Get full access to St. Pauli POP at stpop.substack.com/subscribe

Hosted on Acast. See acast.com/privacy for more information.

No chapters are available for this episode.